Markenrechtsverletzung durch Umbau von Markenprodukten

Mit der Eintragung der Marke in das vom Deutschen Patent- und Markenamt geführten Register (DPMA) erwirbt ihr Inhaber das alleinige Recht, sie für die geschützten Waren und Dienstleistungen zu benutzen. Als Marke können alle Zeichen, insbesondere Wörter einschließlich Personennamen, Abbildungen, Buchstaben, Zahlen, Klänge, dreidimensionale Gestaltungen einschließlich der Form einer Ware oder ihrer Verpackung sowie sonstige Aufmachungen einschließlich Farben und Farbzusammenstellungen geschützt werden, die geeignet sind, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden (§ 3 Abs. 1 MarkenG).

Anhand dieser Aufzählungen scheint eine Reihe an Möglichkeiten in Bezug auf Markenrechtsverletzungen einherzugehen. Liegt eine Markenrechtsverletzung tatsächlich vor, kann dies eine Reihe an Ansprüchen des Markeninhabers zur Folge haben. Der Markeninhaber wird den Markenrechtsverletzenden zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie zur Auskunft und Rechnungslegung auffordern. Darüber hinaus wird der Markeninhaber den Ersatz der entstandenen Abmahn- und Anwaltskosten verlangen. Eine Markenrechtsverletzung kann also umfangreiche Kosten zur Folge haben. Deshalb ist es wichtig, gründlich prüfen zu lassen, ob überhaupt eine Markenrechtsverletzung vorliegt. Da das Markenrecht einen Ausgleich zwischen den Individualinteressen des Markeninhabers an der Monopolisierung seiner Schutzrechte einerseits und den Individualinteressen des freien Wettbewerbs andererseits regelt, werden bestimmte Handlungen, obwohl sie an sich eine Markenrechtsverletzung darstellen, nach dem Willen des Gesetzgebers freigestellt.

I. Der Erschöpfungsgrundsatz des § 24 Abs. 1 MarkenG

Nach § 24 Abs. 1 MarkenG darf der Markeninhaber einem Dritten grundsätzlich nicht verbieten, seine Marke oder die geschäftliche Bezeichnung für Waren zu benutzen, die er unter der Marke oder mit seiner Zustimmung in den Verkehr gebracht hat. Zweck des sog. Erschöpfungsgrundsatzes ist, das Markenrecht angemessen zu begrenzen, indem der Markenrechtsinhaber nur über das erstmalige Inverkehrbringen bestimmen, nicht jedoch weitere Vertriebswege kontrollieren darf. Dadurch wird das Spannungsverhältnis zwischen territorial begrenzten Markenrechten und dem durch das Unionsrecht geschützten Warenverkehr im gemeinsamen Markt aufgelöst.

II. Ausnahmen des § 24 Abs. 2 MarkenG

Der Erschöpfungsgrundsatz gilt allerdings nicht uneingeschränkt. § 24 Abs. 2 MarkenG regelt, unter welchen Voraussetzung der Erschöpfungsgrundsatz nicht eingreift. Das ist der Fall, wenn der Inhaber der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung der Benutzung der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung im Zusammenhang mit dem weiteren Vertrieb der Waren aus berechtigten Gründen widersetzt, insbesondere wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist. Was unter „berechtigten Gründen“ zu verstehen ist, muss anhand der Verkehrsauffassung ermittelt werden. Es sind die Interessen des Markeninhabers an der Vertriebskontrolle und die Interessen der übrigen Wirtschaftsteilnehmer an einem freien Warenverkehr gegeneinander abzuwägen.

Fallgruppe 1: Produktveränderungen

Eine Produktveränderung liegt vor, wenn die Ware in ihren charakteristischen Sacheigenschaften verändert wird, unabhängig davon, ob die Veränderung sichtbar ist (BGH, GRUR 1982, 115 – Öffnungshinweis). Die Sacheigenschaft ist verändert, wenn ihre Veränderung der Herkunfts- und Gewährfunktion der Marke zuwiderläuft (BGH, GRUR 1996, 271, 274). Die Änderung kann dabei die Beschaffenheit, den Verwendungszweck, die Funktionsweise oder das Konstruktionsprinzip der Ware betreffen. Ob ein Eingriff vorliegt oder nicht, beurteilt sich stets aus Sicht der betroffenen Verbraucher. 

Bei Reparaturarbeiten kommt es darauf an, inwieweit ein Eingriff in die Ware vorliegt. Wird die Ware so verändert, dass ein neues Produkt entsteht, liegt keine Erschöpfung vor. 

Beispiel: Gebrauchte WLAN-Router werden generalüberholt, gereinigt und geprüft. Man könnte meinen, dass die WLAN-Router danach der Standardversion des Produktes entsprachen und der Markeninhaber gar nicht in seinen Rechten verletzt werden konnte. Da aber ein Produkt mit einer eigenen Identität entstanden ist, kann keine Erschöpfung eingetreten sein (Kur, GRUR Int. 2021, 228).

Eine Veränderung kann auch vorliegen, wenn eine Ware durch Verarbeitung zu einem ganz anderen Produkt umgewandelt wird.

Beispiel: Eine Alltagsmaske wird aus einem Bekleidungsstück hergestellt. Auf der Maske ist noch die Marke des Bekleidungsstückes zu lesen. Dann tritt keine Erschöpfung ein (Dissmann, GRUR 2020, 537).

Fallgruppe 2: Parallelimport von Arzneimitteln

Das Umpacken von Arzneimitteln ist ebenfalls eine Produktveränderung. Unternehmen erwerben Arzneimittel in einem Mitgliedstaat, in dem sie für weniger Geld angeboten werden, packen sie in eine neue Verpackung und verkaufen sie in einem Mitgliedstaat, in die Arzneimittel zu höheren Preisen verkauft werden. Durch die unterschiedlichen Kostenerstattungen der staatlichen Gesundheitssysteme werden hohe Gewinne erzielt. Eingriffe in die Rechte des Markeninhabers sind vielfältig denkbar:

(1) Arzneimittel werden in eine neue Verpackung umgepackt

(2) Fensterverpackungen: Die alte Verpackung wird mit einer neuen Verpackung umhüllt und die Marke wird auf der Originalverpackung freigegeben, indem Fenster angebracht werden.

(3) Abstocken und Aufstocken: Arzneimittel werden aus den Originalpackungen herausgenommen und in neuen Packungen zusammengebündelt oder zu bereits vorhandenen Arzneimitteln hinzugefügt.

Es werden unter anderem Etikette überklebt, auf denen Informationen des Herstellers stehen und die Arzneimittel in vom Parallelimporteur gestaltete Packungen umgepackt. In den Hoffmann-La Roche und Bristol-Meyer Squibb Entscheidungen hat der EuGH insgesamt fünf Erschöpfungsvoraussetzungen, unter denen ein Umpacken zulässig ist, aufgestellt. Diese fünf Voraussetzungen müssen kumulativ vorliegen.

(a) Abschottung der Märkte
Erschöpfung liegt vor, wenn der Importeur Arzneimittel umpacken muss, um sie im Einfuhrmitgliedsstaat in Verkehr bringen zu können.

(b) Keine Beeinträchtigung des Originalzustands der in der Verpackung enthaltenen Ware

(c) Das umpackende Unternehmen wird auf der Verpackung angegeben
Erschöpfung liegt vor, wenn der Verbraucher klar erkennen kann, von wem die Arzneimittel hergestellt und von wem sie umgepackt wurden.

(d) Keine Schädigung des Rufs der Marke und ihres Inhabers
Der Ruf der Marke wird geschädigt, wenn die Verpackungen zum Beispiel von schlechter Qualität oder unordentlich sind. 

(e) Der Markeninhaber wird vorab vom Angebot des umgepackten Erzeugnisses unterrichtet
Der Importeur ist verpflichtet, den Markeninhaber seine Absicht, das umgepackte Arzneimittel anzubieten und zu verkaufen, mitzuteilen und ihm auf Verlangen ein Muster der umgepackten Arzneimittel zu liefern.