Autorin: Trang Pham
Am 25. Mai 2018 ist die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Kraft getreten. Sie enthält Vorschriften zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Verkehr solcher Daten. Die DSGVO dient dem Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen. Es hat sich unter anderem herausgestellt, dass die Angabe aller notwendigen Informationen in den Datenschutzerklärungen für viele Verantwortliche eine Herausforderung ist.
I. Rechtslage
Betreiber von Internetseiten müssen eine Vielzahl an Pflichtangaben veröffentlichen. Art. 13 und 14 DSGVO geben vor, dass jeder, der personenbezogene Daten als Verantwortlicher verarbeitet, die betroffenen Personen über bestimmte Aspekte der Datenverarbeitung informieren muss. Verantwortliche müssen die Datenschutzerklärung zwingend unter einem eigenen Menüpunkt getrennt vom Impressum einbinden. Fehlt eine Datenschutzerklärung oder ist sie fehlerhaft, liegt ein Datenschutzverstoß vor. Fraglich ist dann, welche Rechtsbehelfe der betroffenen Person zur Verfügung stehen.
II. Folgen bei Verstößen
Bei Feststellung eines Datenschutzverstoßes stehen der betroffenen Person die Rechte auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde, wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen eine Aufsichtsbehörde und wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen Verantwortliche oder Auftragsarbeiter (Art. 77-79 DSGVO) zu. Weil die Datenschutzgrundverordnung nicht nur auf den Individualschutz gerichtet ist, sondern auch den kollektiven Rechtsschutz gewähren soll, können betroffene Personen sich bei der Durchsetzung ihrer Interessen gemäß Art. 80 II DSGVO durch Verbände vertreten lassen. Ob Datenschutzverstöße mit den Mitteln des Wettbewerbsrechts verfolgbar sind, hängt entscheidend davon ab, ob die DSGVO ein abschließendes Sanktionssystem begründet oder ob die DSGVO und das UWG nebeneinanderstehen können. Dies hat Auswirkungen auf die Abmahnfähigkeit fehlender oder fehlerhafter Datenschutzerklärungen durch Mitbewerber. Konkret geht es um die Frage, ob Mitbewerber die Befugnis haben, Datenschutzverstöße außergerichtlich und gerichtlich zu verfolgen.
Sind Datenschutzbestimmungen Marktverhaltensregelungen iSd. § 3a UWG?
Gemäß § 3a UWG handelt unlauter, wer gesetzlichen Vorschriften zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Der Verstoß muss geeignet sein, die Interessen von u.a. Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.
Sollte es sich bei den Vorschriften der DSGVO um Marktverhaltensregelungen iSd. § 3a UWG handeln, könnten bestehende Regelungen des deutschen Rechts anwendbar sein, die zusätzlich Rechtsbehelfe gewähren.
Dies wird von einer Auffassung strikt verneint und in erster Linie damit begründet, dass es sich bei Art. 80 II DSGVO um eine Ausnahmeregelung handelt, die dementsprechend eng auszulegen sei (Köhler, ZD 2018, 338). Wenn nur bestimmten Verbänden gestattet wird, ohne Anweisung der betroffenen Person über ihr Persönlichkeitsrecht zu verfügen, dann soll dies ihren Mitbewerbern erst recht nicht erlaubt werden, wenn es überhaupt nur um eigene Interessen geht. Nach dieser Auffassung begründen die Art. 77 ff. DSGVO ein abschließendes Sanktionssystem. Folglich haben Mitbewerber keine Befugnis, Datenschutzverstöße im Wege der Abmahnung zu verfolgen.
Andere wiederum bejahen die Marktregelungseigenschaft der Datenschutzbestimmungen und stützen ihre Auffassung darauf, dass die Normen der DSGVO nicht nur persönlichkeitsschützend seien (Wolff, ZD 2018, 248). Die DSGVO soll die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen und insbesondere deren Recht auf Schutz personenbezogener Daten schützen (vgl. Art 1 II DSGVO). In der Datenschutzrichtlinie 95/46/EG war die Ermöglichung des freien Verkehrs personenbezogener Daten vorgesehen, was auch für einen Kollektivschutz spricht. Dieser Schutz könne nach hiesiger Auffassung das UWG gewähren, dessen Zweck der Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher sowie der sonstigen Marktteilnehmer vor unlauteren geschäftlichen Handlungen ist. Danach sind die Vorschriften der DSGVO nicht abschließend und Unterlassungsansprüche nach dem UWG möglich.
Eine vermittelnde Auffassung prüft im Einzelfall anhand des jeweiligen Zwecks, ob die Vorschriften der DSGVO Marktverhaltensregelungen iSd. § 3a UWG sind (Spittka, GRUR-Prax 2018, 561). Auch nach dieser Auffassung sind weitere Unterlassungsansprüche möglich. Voraussetzung ist aber, dass der Schutz von Verbrauchern oder Mitbewerbern als Marktteilnehmer nicht nur reflexartig ist.
III. Fazit
Ob die DSGVO ein abschließendes Sanktionssystem begründet und schon aus diesem Grund die Anwendbarkeit des § 3a UWG ausschließt, ist sehr strittig. Der Bundesgerichtshof hat dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorgelegt.